Markenmodernisierung in der Europäischen Union: So bewahren Sie die Kennzeichnungskraft Ihrer Marke
1. Rechtliche Rahmenbedingungen
Der rechtliche Schutz von Marken in der Europäischen Union basiert auf der Verordnung über die Unionsmarke (UMV) und der Markenrichtlinie (MRL), die eine Harmonisierung des Markenrechts innerhalb der Mitgliedstaaten gewährleisten sollen.
Im Grundsatz bezieht sich der markenrechtliche Schutz nur auf die eingetragene Form der Marke. Gemäß Art. 4 UMV kann eine Marke jede Darstellung sein, die geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden. Der Schutzbereich einer Marke wird dabei durch die in das Register eingetragene und veröffentlichte Darstellung bestimmt. Jegliche Nutzung oder Weiterentwicklung der Marke muss innerhalb der Grenzen des eingetragenen Schutzes erfolgen, um den Verlust von Rechten zu vermeiden.
Nach Art. 18 UMV besteht eine Verpflichtung zur ernsthaften Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der Eintragung. Erfolgt keine ernsthafte Benutzung (mehr), kann die Marke auf Antrag gelöscht werden.
Eine Marke kann auch dann rechtserhaltend benutzt werden, wenn sie in einer Form verwendet wird, die von der eingetragenen Marke abweicht, solange diese Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert (Art. 18 Abs. 1 lit. a UMV). Dies erlaubt Markeninhabern eine gewisse Flexibilität bei der Anpassung ihrer Marke an veränderte Marktbedingungen oder neue Designtrends. Die rechtliche Herausforderung besteht darin, die Grenze zwischen zulässigen Anpassungen und unzulässigen Veränderungen, die den Schutz der Marke gefährden könnten, genau zu bestimmen.
2. Evolution statt Revolution - Kontinuität ist der Schlüssel
Eine der sichersten Methoden zur Modernisierung einer Marke ist die schrittweise und behutsame Anpassung unter Beibehaltung der Grundstruktur und der prägenden Elemente.
Die Änderungen sollten den Wiedererkennungswert nicht beeinträchtigen. Ziel muss es sein, den kennzeichnenden Charakter der Marke zu erhalten.
Beispielsweise können Farben, Schriftarten oder kleinere grafische Elemente verändert werden, während prägende Bestandteile – etwa ein dominierendes Bildelement oder eine charakteristische Wortmarke – bestehen bleiben. Solche Änderungen gelten in der Regel als rechtserhaltende Benutzung im Sinne des Artikel 18 Abs. 1 lit. a UMV.
Eine Orientierung, wann entsprechende Änderungen noch akzeptabel sind, liefert die sogenannte „Gemeinsame Mitteilung – CP 8 Benutzung einer Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht“ des Europäischen Netzwerks für geistiges Eigentum (ein Zusammenschluss von nationalen und regionalen Ämtern für geistiges Eigentum der EU, des EUIPOs, internationale Partner und Kunden des Amtes).
Ein gelungenes Beispiel für eine schrittweise und behutsame Anpassung ist etwa das Logo des internationalen Lebensmittelkonzern Nestlé (vgl. hier). Die Grundstruktur und die prägenden Elemente wurden über Jahre beibehalten, wenngleich kontinuierliche Anpassungen stattfanden. Eine interessante Übersicht der Entwicklung der weitere Logo international bekannter Konzerne findet sich hier.
3. Safety First – Rechtliche Absicherung
Es ist in jedem Fall erwägenswert, modernisierte Versionen Ihrer Marke zusätzlich anzumelden.
Wenn eine Modernisierung zu signifikanten Veränderungen führt, die den kennzeichnenden Charakter der eingetragenen Marke beeinflussen, ist eine Markenneueintragung in jedem Fall unumgänglich.
Auch darüber hinaus, sollte im Zusammenhang mit Markenmodernisieren über zusätzliche Markenanmeldungen nachgedacht werden. Insoweit kann sich jedoch das Problem der sogenannten Wiederholungsmarke stellen. Dabei handelt es sich um Markenanmeldungen, die der vorherigen Marke stark ähneln oder nahezu identisch sind und zu dem Zweck vorgenommen werden, die Benutzungsschonfrist gemäß Art. 18 UMV zu verlängern oder zu umgehen. Dies kann problematisch sein, da ein solcher Missbrauch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
So können Wiederholungsmarken, die allein zur Umgehung der Benutzungsschonfrist eingetragen wurden, unter Umständen als bösgläubig eingestuft und ihre Eintragung gemäß Art. 59 Abs. 1 lit. b UMV versagt werden. Auch die EUIPO-Prüfungsrichtlinien sehen vor, dass eine solche missbräuchliche Zielrichtung zur Nichtigkeitserklärung führen kann. Darüber hinaus gibt es Ansätze, die Benutzungsschonfrist solcher Wiederholungsmarken nicht neu beginnen zu lassen, wenn ihre Anmeldung zeitlich eng mit dem Ablauf der Schonfrist der Originalmarke zusammenhängt.
Das bedeutet jedoch nicht, dass jede erneute Anmeldung einer Marke automatisch problematisch ist. Insbesondere wenn die Modernisierung eine tatsächliche Weiterentwicklung oder Aktualisierung der Marke darstellt, wie beispielsweise ein leicht angepasstes Logo, ist keine Missbrauchsabsicht anzunehmen (vgl. EuG, Urteil v. 13. Dezember 2012, T-136/11 – Pelikan, vgl. hier). Daher ist es ratsam entsprechende Intentionen auch intern entsprechend zu dokumentieren, z.B. durch Aufzeichnungen interner Meeting, in denen entsprechende Pläne besprochen worden oder durch Aufbewahrung der Instruktionen an externe Kreativagenturen.
4. Dokumentation und Überwachung
Eine umfassende Dokumentation ist ein zentraler Baustein jeder erfolgreichen Markenstrategie. Um im Streitfall die rechtserhaltende Benutzung einer Marke überzeugend nachweisen zu können, ist es unerlässlich, detaillierte Unterlagen über die Art, den Umfang und die Dauer der Nutzung zu führen. Diese Dokumente sollten nicht nur Informationen zur Hauptmarke enthalten, sondern auch sämtliche Abwandlungen erfassen, wie beispielsweise modernisierte Versionen oder leicht abgewandelte Designs. Insbesondere Rechnungen, Marketingmaterialien, Verkaufsberichte und digitale Nachweise der Markenpräsenz können hierbei von unschätzbarem Wert sein (siehe hierzu auch die Hinweise in der EUIPO Richtlinie zu Marken, vgl. hier).
Ebenso wichtig ist die regelmäßige Überprüfung des Markenportfolios. Unternehmen sollten sicherstellen, dass nicht nur die ursprünglichen Marken, sondern auch alle relevanten Varianten, die durch Modernisierungen entstehen, ordnungsgemäß angemeldet und geschützt sind. Ein vernachlässigtes Markenportfolio birgt das Risiko, dass wertvolle Kennzeichen übersehen werden und somit ungeschützt bleiben, was sowohl die Verteidigung der Marke als auch den Aufbau einer konsistenten Markenidentität erschwert.
Modernisierungen bringen darüber hinaus spezifische Herausforderungen mit sich. Anpassungen, die zur Aktualisierung des Erscheinungsbildes vorgenommen werden, können unbeabsichtigt das Risiko von Verwechslungen mit Wettbewerbermarken erhöhen – insbesondere, wenn auch andere Marktteilnehmer ähnliche Entwicklungen an ihren Marken vornehmen. Eine proaktive und systematische Markenüberwachung ist daher von zentraler Bedeutung. Durch den Einsatz moderner Monitoring-Tools und die kontinuierliche Beobachtung des Wettbewerbsumfelds können potenzielle Markenverletzungen frühzeitig erkannt und rechtzeitig rechtliche Schritte eingeleitet werden.
5. Sprechen Sie uns an!
Gerne unterstützen wir Sie bei der Modernisierung Ihrer Marken und helfen Ihnen, Ihre Markenrechte optimal zu schützen.
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