Update KI-Recht: GEMA verklagt nach OpenAI auch Suno
1. Klage der GEMA gegen Suno
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) ist eine Verwertungsgesellschaft der Urheber musikalischer Werke. Sie hat derzeit mehr als 95.000 Mitglieder in Deutschland und vertritt die Rechte von mehr als zwei Millionen Rechteinhabern weltweit.
Mit Pressemitteilung vom 21. Januar 2025 gab die GEMA bekannt, dass sie beim Landgericht München I Klage gegen die Suno Inc. eingereicht hat. Die Klage sei Teil eines Gesamtkonzepts von Maßnahmen der GEMA, die eine angemessene Vergütung der Urheberinnen und Urheber zum Ziel haben.
In der Sache geht es um das von Suno betriebene generative Programm Suno AI zur Erzeugung von Musik mittels künstlicher Intelligenz, das sowohl Instrumentalstücke als auch Songs aus einer Mischung von Gesang und Instrumenten erzeugen kann. Nach Angaben der GEMA handelt es sich um die erste Klage in Europa gegen einen der führenden Anbieter von KI-Musiktools, während in den USA bereits eine Klage gegen Suno AI anhängig ist.
Wie im Verfahren gegen OpenAI wirft die GEMA Suno vor, urheberrechtlich geschützte Werke systematisch für das Training seines KI-Tools verwendet zu haben und dieses nun kommerziell zu verwerten, ohne die Urheber der Werke wirtschaftlich zu beteiligen. In rechtlicher Hinsicht dürfte die Musik daher zunächst auch in diesem Fall bei der Anwendbarkeit der „Text- und Data-Mining“-Schranke („TDM-Schranke“) in § 44b UrhG spielen. Das LG München I wird sich – wie im Parallelverfahren gegen OpenAI – mit der Frage zu befassen haben, ob die TDM-Schranke auf das Training generativer KI (Input)-Ebene) anwendbar ist. Das LG Hamburg hatte dies in seiner LAION-Entscheidung bejaht. Sollte das LG München I dieser Auffassung folgen, stellt sich die spannende Frage, ob die GEMA für ihre Mitglieder einen wirksamen, insbesondere „maschinenlesbaren“ Nutzungsvorbehalt nach § 44b Abs. 3 UrhG erklärt hat. Das LG Hamburg hatte in seiner noch nicht rechtskräftigen LAION-Entscheidung – durchaus überraschend – angedeutet, dass ein Nutzungsvorbehalt in Textform grundsätzlich den Anforderungen des § 44b Abs. 3 UrhG genügen könnte.
Über die Input-Ebene hinaus sind in diesem Rechtsstreit aber auch die Vorgänge „im Inneren“ des KI-Tools Gegenstand der Klage, in denen die GEMA eine grundsätzlich lizenzpflichtige Vervielfältigung sieht. Auch die Output-Ebene hat die GEMA im Visier: Sie konnte nach eigenen Angaben dokumentieren, dass Suno AI nach Eingabe einfacher Prompts abspielbare Inhalte ausgibt, die in Melodie, Harmonie und Rhythmus weitgehend mit bekannten Musikwerken übereinstimmen, darunter „Forever Young“ von Alphaville oder „Atemlos“ von Helene Fischer. Musikalische Kostproben der angeblichen Plagiate hat die GEMA auf ihrer Webseite veröffentlicht. In der öffentlichen Wiedergabe dieser „Plagiate“ sieht die GEMA ebenfalls lizenzpflichtige Verwertungshandlungen.
Es wird also spannend sein zu sehen, wie sich das LG München I – gerade auch im Vergleich zu den Hamburger Gerichten – zu den rechtlichen Kernfragen positionieren wird. Es dürfte jedoch als sicher gelten, dass die Rechtsfragen letztlich durch den BGH bzw. den EuGH geklärt werden.
2. Ausblick
Die unentgeltliche Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke für das Training von KI sorgt seit langem für Unmut bei den Rechteinhabern. Denn die Qualität der Trainingsdaten, die häufig durch menschliche Kreativität geschaffen werden, ist nicht zuletzt die Grundlage für die Leistungsfähigkeit eines KI-Modells, das dann in Konkurrenz zu den Kreativen tritt. Vor diesem Hintergrund dürften „KI-Klagen“ wie das Hamburger LAION-Verfahren und die beiden Klagen der GEMA in München erst der Anfang sein. Sie sind juristisch ebenso spannend wie herausfordernd, da Lösungen für eine Reihe ungeklärter Rechtsfragen gefunden werden müssen und die einzelnen Verfahren häufig tatsächliche Besonderheiten aufweisen.
Spannend ist, dass es bei dieser zweiten Klage der GEMA nicht mehr „nur“ um Liedtexte geht wie bei der Klage gegen OpenAI, sondern um spielbare Musiktitel, also gewissermaßen um das Kerngeschäft der GEMA. In jedem Fall wird auch dieses Verfahren Modellcharakter für weitere KI-Klagen haben und höchstwahrscheinlich nicht das letzte sein.
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